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BGH zu vermiedenen Netznutzungsentgelten 
für Batteriespeicher


29.04.2025 | Martha Bergenroth, Vitaly Matusov

Der Bundesgerichtshof („BGH“) hat mit Beschluss vom 26.11.2024 (Az. EnVR 17/22) klargestellt, dass Batteriespeicher, die Strom ins Netz einspeisen, als dezentrale Erzeugungsanlagen im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 Stromnetzentgeltverordnung („StromNEV“) gelten.

Sachverhalt | Beschluss vom 26.11.2024 (Az: EnVR 17/22)

Die Antragsgegnerin, eine Netzbetreiberin, wandte sich im Wege einer Rechtsbeschwerde gegen eine Feststellungsverfügung der Bundesnetzagentur („BNetzA“) vom 18. Dezember 2020 (Az. BK8-20/10465-M1), die im besonderen Missbrauchsverfahren gemäß § 31 Abs. 1 EnWG ergangen war.

Die Antragstellerin betrieb von April 2015 bis zu seiner brandbedingten Zerstörung im Jahr 2021 einen Lithium-Ionen-Batteriespeicher („Speicher“) mit einer Leistung von 5 MW, der auf der Mittelspannungsebene an das Netz der Netzbetreiberin angeschlossen war. Der Speicher diente der Erbringung von Primärregelleistung und war technisch so ausgestaltet, dass er elektrische Energie aus dem Netz entnahm, in chemische Energie umwandelte und zu einem späteren Zeitpunkt wieder einspeisen konnte.

Unstreitig ist, dass die Antragstellerin hinsichtlich der Stromentnahme bis einschließlich 2035 gemäß § 118 Abs. 6 Satz 1 EnWG von Netzentgelten befreit war. Im streitgegenständlichen Verfahren begehrte sie die Zahlung vermiedener Netzentgelte nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV. Die Netzbetreiberin lehnte dies mit der Begründung ab, es handele sich bei dem Speicher nicht um eine dezentrale Erzeugungsanlage.

Ausgangpunkt: Die Doppelrolle von Batteriespeichern  

Batteriespeicher nehmen im geltenden Rechtsrahmen eine doppelte Systemrolle ein: Einerseits fungieren sie als Letztverbraucher, wenn sie Strom aus dem Netz beziehen und speichern; andererseits erfüllen sie die Funktion von Erzeugungsanlagen, wenn sie diesen Strom zu einem späteren Zeitpunkt wieder ins Netz einspeisen.

Gerade bei der Einordnung im Kontext von Umlagen, Fördermechanismen und Netzentgelten ist diese Doppelrolle von zentraler Bedeutung. Auch der BGH hat bei der Einordnung des Speichers als Erzeugungsanlage seine Rechtsauffassung ausdrücklich an diesem doppelten Charakter ausgerichtet.

Anspruch auf vermiedene Netzentgelte

Gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV erhalten Betreiber von dezentralen Erzeugungsanlagen, die vor dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen worden sind, vom Betreiber des Elektrizitätsverteilernetzes, in dessen Netz sie einspeisen, ein Entgelt. Dieses Entgelt entspricht den gegenüber den vorgelagerten Netz- oder Umspannebenen durch die jeweilige Einspeisung vermiedenen Netzentgelten (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 StromNEV).

Streitig war, ob der Speicher, der dem Netz zur Speicherung elektrische Energie entnimmt, diese in eine andere Energieform umwandelt und dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder in elektrische Energie rückumwandelt und in das Netz einspeist, eine Erzeugungsanlagen i.S.d. § 18 StromNEV darstellt. Der BGH hat dies bejaht und dabei maßgeblich auf die Doppelrolle von Speichern abgestellt.

Der dem Netz entnommene Strom wird nämlich durch die Umwandlung in eine andere Energieform "verbraucht". Bei der Rückumwandlung der gespeicherten Energie in elektrische Energie wird diese neu "erzeugt". Damit liege der Zweck von Stromspeichern bei der Rückumwandlung wie bei jeder "klassischen" Erzeugungsanlage darin, aus einem anderen Energieträger elektrische Energie (neu) zu gewinnen.

Zudem widerspricht die Einordnung als Erzeugungsanlage nicht dem Zweck der Regelung in § 18 Abs. 1 StromNEV. Ziel der Vorschrift ist es, Betreiber dezentraler Erzeugungsanlagen am wirtschaftlichen Vorteil der Netzentgeltvermeidung durch lokale Einspeisung zu beteiligen. Die dezentrale Einspeisung verringert den Bedarf an Strom aus vorgelagerten Netzebenen, wodurch Netzentgelte eingespart und langfristig Netzausbaumaßnahmen in den vorgelagerten Netzebenen reduziert werden können.

Auch die Einspeisung aus Batteriespeichern bewirkt eine solche Entlastung der vorgelagerten Netze. Insbesondere bei netzdienlichem Betrieb – also Speicherung in Zeiten von Überschuss und Einspeisung bei Lastspitzen – können Speicher zur Netzentlastung und zur Kostensenkung (vgl. § 17 StromNEV) beitragen.

Schließlich stellt der BGH fest, dass es bei der Ermittlung der vermiedenen Netzentgelte nach § 18 Abs. 2 StromNEV nicht darauf ankomme, ob der Speicher dem Netz mehr elektrische Energie entnimmt, als er einspeist. Entscheidend ist allein, ob die Erzeugungsanlage bei isolierter Betrachtung der Einspeisung dazu beiträgt, dass sich die Kostenwälzung aus der vorgelagerten Netzebene (vgl. § 14 StromNEV) auf den Netzbetreiber verringert und er dadurch ansonsten von ihm zu leistende Netzentgelte vermeide. Dies ist bei Batteriespeichern der Fall.

Würdigung und Ausblick

Die Entscheidung schafft rechtliche Klarheit hinsichtlich der Frage, ob die Rückeinspeisung aus Speichern als „Erzeugung“ im Sinne der StromNEV zu qualifizieren ist. Der BGH bejaht dies mit überzeugender Begründung.

Bemerkenswert ist zudem die deutliche Absage an eine saldierende Betrachtung von Einspeisung und Entnahme. Maßgeblich sei allein die tatsächliche Einspeisung und ihr Beitrag zur Netzentgeltvermeidung – unabhängig von der Effizienz oder vom Gesamtenergiefluss des Speichers.

Mit der Entscheidung stärkt der BGH die Rolle von Speichern im Stromsystem. Dies fördert nicht nur Investitionssicherheit, sondern trägt auch zur notwendigen Flexibilisierung der Netze bei – einem zentralen Baustein für das Gelingen der Energiewende.

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i.A. Martha Bergenroth             i.A. Vitaly Matusov

Martha Bergenroth

Rechtsanwältin

Martha.Bergenroth@rhenag-legal.de

Vitaly Matusov

Rechtsanwalt

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