11.07.2023 | Stefanie Kunze
Am 24. Juni 2023 ist die neue Trinkwasserverordnung in Kraft getreten. Im folgenden informieren wir Sie über die wichtigsten Neuerungen.
Pflicht zum Ausbau oder zur Stilllegung von alten Bleileitungen
Betreiber von Wasserversorgungsanlagen sind gemäß § 17 TrinkwV nun verpflichtet, alte Bleileitungen bis zum 12. Januar 2026 auszutauschen oder stillzulegen. Außerdem sind sowohl Wasserversorgungsunternehmen als auch Installationsunternehmen verpflichtet, unverzüglich dem Gesundheitsamt schriftlich oder elektronisch anzuzeigen, dass in einer Trinkwasserleitung oder einem Teilstück dieser Leitungen aus Blei vorhanden sind, sobald sie Kenntnis davon haben. Eine Ausnahme von dieser Anzeigepflicht besteht nur, wenn das Vorhandensein von Bleileitungen (oder Teilen davon) im Zuge einer Stilllegung oder Entfernung ebendieser festgestellt wird.
Erweiterte Informationspflichten
Mit den neuen Regelungen in §§ 45 und 46 TrinkwV werden zudem die jährlichen Informationspflichten der Betreiber gegenüber den Verbrauchern erweitert.
Der Betreiber einer zentralen Wasserversorgungsanlage muss die betroffenen Anschlussnehmer nach § 45 TrinkwV ab sofort mindestens jährlich über die folgenden Punkte informieren:
- Die Gebühren und den Preis des gelieferten Trinkwassers pro Liter und Kubikmeter.
- Die abgenommene Wassermenge für das Kalenderjahr oder den Abrechnungszeitraum sowie bei technischer Machbarkeit über die Entwicklung der jährlichen Wasserabnahme im Vergleich mindestens zum letzten Abrechnungszeitraum.
- Die von vergleichbaren Haushalten durchschnittlich jährlich abgenommene Wassermenge.
- Die Adresse der Internetseite mit den Informationen nach § 46 TrinkwV.
- Die Pflicht zum Entfernen oder Stilllegen von bestimmten Trinkwasserleitungen oder Teilstücken nach § 17 Absatz 1 und darüber, in welchen Fällen es angebracht ist, eine Wasserversorgungsanlage auf das Vorhandensein von Trinkwasserleitungen oder Teilstücken von Trinkwasserleitungen aus dem Werkstoff Blei zu untersuchen.
Eine Informationspflicht über die abgenommene Wassermenge und die Entwicklung der jährlichen Wasserabnahme sowie über die abgenommene Wassermenge vergleichbarer Haushalte besteht nicht, wenn die jeweiligen Informationen für den Betreiber nicht verfügbar sind.
Die Anschlussnehmer sind zur Weitergabe der Informationen an die betroffenen Verbraucher mindestens jährlich verpflichtet. Hierbei gilt die Informationspflicht über das Entfernen oder Stilllegen bestimmter Trinkwasserleitungen oder Teilstücke jedoch nur bis zum 31. Dezember 2026.
Das Informationsmaterial muss in Textform zur Verfügung gestellt werden, somit reicht die reine Veröffentlichung im Internet nicht aus. Es ist mithin ratsam ein Beiblatt zur Rechnung oder ein gesondertes Schreiben zur Verfügung zu stellen. Eine Pflicht, die Informationen auf der Rechnung abzubilden besteht nicht.
Internetbasierte Bereitstellung von Informationen
Darüber hinaus müssen einige Informationen auch regelmäßig internetbasiert zur Verfügung gestellt werden. In dem neuen § 46 TrinkwV ist detailliert geregelt, welche Daten dies konkret betrifft. Beispielsweise sieht die TrinkwV Informationspflichten in Bezug auf das Wassergewinnungsverfahren, die angewendeten Verfahren der Wasseraufbereitung, die Wasserhärte und Untersuchungsergebnisse vor.
Daneben ist der Betreiber einer zentralen Wasserversorgungsanlage auch verpflichtet, Empfehlungen zur Verringerung der Menge des verbrauchten Trinkwassers, zum sonstigen verantwortungsvollen Umgang mit Wasser und zur Vermeidung von Gesundheitsschädigungen durch stagnierendes Trinkwasser zu geben.
Risikobasierter Trinkwasserschutz
Mit der neuen Trinkwasserverordnung wird zudem in § 34 TrinkwV ein sog. „risikobasierter Ansatz“ eingeführt. Wasserversorger sind künftig dazu verpflichtet, ein kontinuierliches Risikomanagement für Wasserversorgungsanlagen umzusetzen, um die Sicherstellung von Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers zu gewährleisten. Im Rahmen dieses Risikomanagements soll eine Risikoabschätzung der gesamten Versorgungskette von der Gewinnung und -aufbereitung über die Speicherung und Verteilung bis hin zur Entnahme des Trinkwassers erfolgen.
Diese Pflicht gilt für zentrale Wasserversorgungsanlagen sowie für mobile und zeitweilige Wasserversorgungsanlagen mit eigener Wassergewinnung, aus denen pro Tag mindestens 10 Kubikmeter Trinkwasser entnommen oder auf festen Leitungswegen an Zwischenabnehmer geliefert werden. Außerdem sind Betreiber von Wasserversorgungsanlagen, aus denen auf festen Leitungswegen Trinkwasser an mindestens 50 Personen abgegeben wird, betroffen.
Abhängig von der abgegebenen Trinkwassermenge oder der Anzahl der mit der Wasserversorgungsanlage versorgten Personen ist das Risikomanagement erstmalig bis spätestens 12. Januar 2029 bzw. 12. Januar 2033 durchzuführen und danach in Abständen von höchstens sechs Jahren zu überprüfen. Auch wenn diese Fristen noch recht lang erscheinen, empfehlen wir Wasserversorgern, frühzeitig mit der Entwicklung einer Risikomanagementstrategie für das Wasserversorgungsunternehmen zu beginnen.
Neue Grenzwerte für Schadstoffe und Erweiterung der Überwachungspflichten
Darüber hinaus informieren wir Sie darüber, dass die neue Trinkwasserverordnung die bestehenden Grenzwerte für die Schwermetalle Chrom, Arsen und Blei schrittweise in Stufen senkt.
Die neue Trinkwasserverordnung trägt wesentlich zum Erhalt der gewohnt hohen Qualität unseres Trinkwassers bei. Wir begrüßen, dass sie ein besonderes Augenmerk auf neue Herausforderungen durch Umwelteinflüsse auf die Trinkwasserressourcen legt, auch wenn die Pflicht zum Austausch bzw. zur Stilllegung alter Bleileitungen und die neuen Informationspflichten die Wasserversorgungsunternehmen vor große Aufgaben stellt.
Stefanie Kunze
Rechtsanwältin
stefanie.kunze@rhenag-legal.de