23.08.2023 | Wiltrud Dreier
Gerade in den Sommer- und Wintermonaten treten aufgrund wiederkehrender Kurzzeitveranstaltungen (Kirmes, Volksfeste, Weihnachtsmarkt usw.) immer wieder Fragen in Bezug auf die Belieferung und Abrechnung von Energie, insbesondere Strom, gegenüber Schaustellern auf.
Wir möchten Ihnen nachfolgend einen Überblick über die gängigsten Fallgestaltungen und deren rechtliche Handhabe geben:
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie eine Abrechnung des von Schaustellern bezogenen Stroms erfolgen kann:
Kurzfristiger Stromliefervertrag:
Hier schließen der Energielieferant und der jeweilige Schausteller einen kurzfristigen Stromliefervertrag. Die eigentliche Platznutzung wird über einen Platzmietvertrag zwischen dem Eigentümer des Platzes, auf welchem die Veranstaltung stattfinden soll, und dem Schausteller geregelt. Bei diesem beschränkt sich der Vertragsgegenstand allerdings auf die Anmietung der Örtlichkeit. Der jeweilige Schausteller hat in dieser ersten Variante zwei separate Vertragsbeziehungen.
Warmmietvertrag mit dem Platzeigentümer
Bezieht der Platzeigentümer bereits Strom von einem Energielieferanten, kann er mit dem jeweiligen Schausteller einen sog. Warmmietvertrag abschließen. Dieser beinhaltet als Gesamtpaket die Vermietung des Stellplatzes einschließlich der Stromversorgung. In dieser Variante besteht auf der einen Seite eine Vertragsbeziehung zwischen Energielieferant und Platzeigentümer (Stromliefervertrag) und auf der anderen Seite eine Vertragsbeziehung zwischen Platzeigentümer und Schausteller (Warmmietvertrag).
In der ersten Variante rechnet der Energielieferant den Stromverbrauch direkt gegenüber dem Schausteller ab. Nachteil aus Sicht der Schausteller sind die oft hohen Preise für kurzfristige Belieferung. Da die Stromversorgung des Platzes nicht bereits durch den Platzeigentümer sichergestellt wurde, müssen Stromverrechnungszähler gesetzt und ggf. Baustromverteiler eingebaut werden, was zusätzliche Kosten versursacht. Aus Sicht der Energielieferanten bedeutet diese Konstellation einen erhöhten Verwaltungsaufwand aufgrund der Vielzahl der Abnahmestellen sowie ein erhöhtes Forderungsausfallrisiko.
Demgegenüber ist die zweite Variante aus Sicht der Energieversorger die interessantere: Hier ist allein der Platzeigentümer der Kunde des Energieversorgers und die energiewirtschaftliche Abrechnung erfolgt allein gegenüber ihm. Für den Platzeigentümer ist diese Variante nur praktikabel, wenn ihn durch seine Rolle als „Weiterverteiler“ keine weiteren regulatorischen Kosten und Pflichten treffen. Das wäre dann der Fall, wenn es sich bei der Versorgung der Schausteller um ein kleines Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung oder ein geschlossenes Verteilnetz handeln würde.
Wird die Stromversorgung der Schausteller durch den Platzeigentümer als eigenes Verteilernetz eingestuft, müsste zudem eine Erlaubnis nach § 4 EnWG (Genehmigung des Netzbetriebs) eingeholt werden. Die Einstufung erfolgt in der Praxis durch den vorgelagerten Netzbetreiber bzw. auf Ersuchen der Regulierungsbehörde.
Nach der Rechtsprechung des BGH wird kein Energieversorgungsnetz betrieben, wenn die Stromversorgung der regelmäßig häufig wechselnden und die Leistung nur kurzfristig nutzenden Letztabnehmer in einem Gesamtpaket angeboten wird, in dem diese ein (regelmäßig untergeordneter) Bestandteil ist, der nicht gesondert abgerechnet wird, sondern vom Preis umfasst ist.
Diese Kriterien treffen auf die Kurzzeitveranstaltungen in der Regel zu. Entscheidend ist, wie der Vermieter den Warmmietvertrag mit den Schaustellern im Einzelfall ausgestaltet.
Der Platzeigentümer ist dann Letztverbraucher im Sinne des EnWG, da er sich über den Warmmietvertrag nicht nur dazu verpflichtet hat, den Stromanschluss zur Verfügung zu stellen, sondern darüber hinaus auch zum eigenen Bezug des vom Mieter benötigten Stroms. Er kauft somit Energie für den eigenen Verbrauch ein (§ 3 Nr. 25 EnWG).
Das StromPBG findet grundsätzlich auf alle Netzentnahmen von Strom Anwendung, der nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Januar 2024 verbraucht wurde. Somit auch auf den Stromverbrauch von Kurzzeitveranstaltungen. Regelmäßig werden diese Veranstaltungen in verhältnismäßig teureren Tarifen (Kurzzeittarif/Grundversorgungstarif/Baustromtarif) abgerechnet, sodass der Anwendungsbereich des StromPBG eröffnet ist. Allerdings sieht das Gesetz gerade keine Regelungen bzgl. eines untermonatlichen Lieferbeginns vor. Voraussetzung für die Entlastung ist die Belieferung zum Ersten des Monats. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) teilte hier auf Nachfrage mit, dass eine strenge Auslegung der Normen bevorzugt werde. Dementsprechend sollte keine Entlastung nach dem StromPBG gewährt werden, wenn eine Entnahme abweichend vom ersten Kalendertag eines Monats beginnt.
Zudem wird das Entlastungskontingent aufgrund des Vorjahresverbrauchs errechnet. Die sogenannte Jahresverbrauchsprognose, die Grundlage des Entlastungsbetrags ist, wird bei RLM-Kunden aufgrund der Datenlage aus 2021 ermittelt, bei SLP-Kunden wird die aktuelle Jahresverbrauchsprognose des Netzbetreibers verwendet (regelmäßig der Vorjahresverbrauch). Da während der Corona-Pandemie im Jahr 2021 (fast) keine Veranstaltungen stattfanden, kann dies für die Schausteller (bzw. den Vermieter) nachteilig sein. Das BMWK gibt jedoch zu verstehen, dass von dieser Regelung nach aktuellem Stand keine Ausnahme erfolgen kann, sofern nicht etwaige Härtefallregelungen greifen.
Im Zuge der Anpassungsnovelle des StromPBG wurde § 12b StromPBG neu eingefügt, der einen zusätzlichen Entlastungsbetrag bei atypischen Minderverbräuchen auf Antrag ermöglicht. Die Prüfung des Antrags und auch die Auszahlung des Entlastungsbetrags erfolgt jedoch durch die Prüfbehörde. Energielieferanten müssen hier nicht aktiv werden.
Grundsätzlich erfolgt die energiewirtschaftliche Abrechnung des Stromverbrauchs immer nur in dem Verhältnis, in dem auch der Stromliefervertrag geschlossen wurde. Ob der richtige Adressat der Eigentümer des Platzes oder der jeweilige Schausteller ist, richtet sich nach dem Einzelfall.
Unter dem Gesichtspunkt der Risikobewertung ist es dabei jedenfalls für den Energielieferanten empfehlenswert, den Stromliefervertrag mit dem Platzeigentümer zu schließen. Das Forderungsausfallrisiko sowie die eigenen Kosten werden dadurch erheblich verringert.
Zudem stellt das StromPBG verhältnismäßig hohe Anforderungen an eine Entlastung von Kurzzeitveranstaltungen, weshalb diese im Regelfall nicht erfolgen muss.
Wiltrud Dreier
Rechtsanwältin
wiltrud.dreier@rhenag-legal.de