14.06.2023 | Martin Grafenschäfer
Das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das die sog. EU Whistleblower Richtlinie umsetzt, wurde am 11. Mai 2023 vom Bundestag verabschiedet und am 12. Mai 2023 vom Bundesrat bestätigt. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist am 2. Juni 2023 erfolgt. Das Gesetz tritt am 2. Juli 2023 in Kraft; ausgenommen hiervon ist jedoch die Verordnungsermächtigung gemäß § 41 Hinweisgeberschutzgesetz, diese tritt bereits am 3. Juni 2023 in Kraft.
Die Frist zur Umsetzung der EU Whistleblower Richtlinie ist bereits am 17. Dezember 2021 abgelaufen. Da der deutsche Gesetzgeber seiner Pflicht zur Umsetzung allerdings nicht nachgekommen ist, hat die EU am 27. Januar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Nun, eineinhalb Jahre nach Ablauf dieser Frist, steht das Hinweisgeberschutzgesetz nach den letzten Anpassungen im Vermittlungsausschuss endlich in den Startlöchern.
Wer ist ab wann betroffen?
Das Hinweisgeberschutzgesetz hat einen breiten Anwendungskreis. Bereits ab einer Zahl von 50 Mitarbeitenden sind Unternehmen zur Umsetzung verpflichtet. Neben Unternehmen sind auch Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern betroffen.
Unternehmen mit 250 oder mehr Mitarbeitenden sind bereits ab Inkrafttreten des Gesetzes (2. Juli 2023) dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Das Unterlassen der Einrichtung einer solchen Meldestelle wird allerdings erst ab dem 1. Dezember 2023 sanktioniert. Für Unternehmen mit einer Mitarbeitenden-Zahl zwischen 50 und 249 gilt jedoch eine „Schonfrist“ zur Umsetzung bis zum 17. Dezember 2023.
Welche Verpflichtungen enthält das Gesetz?
Das Hinweisgeberschutzgesetz legt fest, dass Unternehmen und Behörden sogenannten „Whistleblowern“ die Möglichkeit bieten müssen, Hinweise mündlich, schriftlich oder persönlich abzugeben. Des Weiteren regelt das Gesetz, wie mit diesen Meldungen umgegangen werden muss und schützt den Whistleblower vor Repressalien.
Relevante Verstöße
Das Hinweisgeberschutzgesetz bezieht sich nicht auf sämtliche Regelbrüche, sondern ist auf gewisse Verstöße beschränkt. Relevant sind sowohl Straftaten, als auch Ordnungswidrigkeiten, sofern das Vergehen die Gesundheit oder das Leben von Menschen gefährdet.
Des Weiteren sind auch Verstöße gegen bestimmte Rechtsvorschriften des Bundes, der Länder oder gegen bestimmte Rechtsakte der europäischen Union vom Hinweisgeberschutzgesetz umfasst.
Umgang mit Meldungen
Meldungen können sowohl im Unternehmen selbst (interne Meldestelle) abgegeben werden als auch beim Bundesamt für Justiz und landeseigenen Meldestellen (externe Meldestelle). Die Entscheidung, ob eine interne oder externe Meldestelle genutzt wird, obliegt dem Whistleblower. Meldungen können anonym abgegeben werden, eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht.
Ein Hinweis ist spätestens sieben Tagen nach Eingang im Unternehmen zu bestätigen. Der Whistleblower muss nun innerhalb von drei Monaten informiert werden, welche Maßnahmen aufgrund seiner Meldung ergriffen wurden.
Schutz von Hinweisgebern
Die Whistleblower sind durch das neue Gesetz vor Repressalien geschützt. Wird ein Whistleblower nach seiner Meldung im Unternehmen benachteiligt (Abmahnung, Kündigung, Nichtberücksichtigung bei Beförderung, …), gilt eine Beweislastumkehr. Das Unternehmen muss also nachweisen, dass die Benachteiligung des Whistleblowers nicht im Zusammenhang mit dessen Meldung steht. Die Beweislastumkehr gilt jedoch nicht automatisch, sie muss vom Whistleblower geltend gemacht werden.
Repressalien
Bei Verstoß gegen das Hinweisgeberschutzgesetz drohen dem Unternehmen Bußgelder bis zu einer Höhe von 50.000 €. Verstöße gegen das Hinweisgeberschutzgesetz umfassen beispielsweise die Benachteiligung von Whistleblowern oder das Melden wissentlich falscher Informationen von diesen.
Schutz von Arbeitgebern
Das neue Gesetz enthält auch Schutzvorschriften zu Gunsten der Arbeitgeber und legt bspw. fest, wie diese mit missbräuchlichen Hinweisen umzugehen. Hier wird bspw. die Möglichkeit eröffnet, grob fahrlässige Falschmeldungen mit Schadensersatzansprüchen zu ahnden.
Trotz der langen Wartezeit muss das Hinweisgeberschutzgesetz nun schnell von den betroffenen Unternehmen, Körperschaften und Kommunen umgesetzt werden. Dabei sollte eine Analyse der internen Meldewege zeitnah erfolgen.
Sofern noch keine Meldestelle im Unternehmen eingerichtet ist, welche den Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes genügt, sollte dies schnellstmöglich nachgeholt werden. Es müssen außerdem klare Regelungen im Unternehmen getroffen werden, wie mit den empfangenen Hinweisen umzugehen ist.