06.11.2025 | Julia Nickenig und Stefanie Kunze
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Urteil vom 13. Mai 2025, Az. EnZR 24/24 hat der BGH festgestellt, dass die energiewirtschaftlichen Pflichten des EnWG nicht für die Betreiber von E-Mobility-Apps gelten. Mit unserem heutigen Rundschreiben informieren wir Sie über den Inhalt des Urteils und seine Bedeutung für die Praxis.
Hintergrund der Entscheidung war eine Klage des Verbraucherverbandes gegen die Anbieterin der App „E.ON Drive“. Die App zeigt ihren Nutzern verfügbare Ladepunkte an, ermöglicht deren Freischaltung und monatliche Abrechnung der Ladevorgänge. Die Nutzung der App ist allerdings keine zwingende Voraussetzung für das Aufladen von Fahrzeugen an den Ladesäulen. Dem Kunden wird für die App eine nutzungsunabhängige monatliche Grundgebühr berechnet. Der Verbraucherverband nahm die Anbieterin der App „E.ON Drive“ u.a. auf Unterlassung der folgenden Klausel in Anspruch:
„Den jeweils aktuellen Preis für die einzelnen Ladevorgänge zeigt (die Beklagte) Ihnen in der E.ON Drive App an. Mit der Freischaltung der Ladesäule gilt der aktuell angezeigte Preis für den jeweiligen Ladepunkt als vereinbart.“ (nachfolgend Ladepreisklausel genannt)
Das Landgericht hatte die Klage insofern abgewiesen und auch die Berufung des Klägers (des Verbraucherverbandes) blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hatte die Ladepreisklausel für zulässig erklärt, da Vertragsgegenstand die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Ladeinfrastruktur sei und somit die Regelungen des § 41 Abs. 5 EnWG nicht zur Anwendung kommen, da zwischen Ladesäulenbetreiber und Nutzer der Ladesäule kein Stromlieferverhältnis im Sinne des § 41 EnWG bestehe. Außerdem unterbreite die App-Anbieterin dem Kunden vor jedem Ladevorgang ein Angebot, Strom an den Ladesäulen zu einem bestimmten Preis zu beziehen. Der Verbraucherverband begehrte mit seiner Revision sein Unterlassungsbegehren weiter.
Keine Anwendung von § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und Abs. 5 EnWG
Verträge über die Belieferung von Letztverbrauchern mit Energie müssen u.a. Angaben über die Preise, Preisanpassung, Kündigungstermine und Kündigungsfristen enthalten. Für Preisanpassungsklauseln gelten die besonderen Voraussetzungen des § 41 Abs. 5 EnWG. Der BGH stellte mit seinem Urteil jedoch klar, dass die App-Nutzung kein energiewirtschaftliches Dauerschuldverhältnis begründet, bei dem während der Vertragslaufzeit Preise geändert würden. Es werden im Rahmen der App-Nutzung keine Energielieferverträge mit Letztverbrauchern, sondern nur Verträge über vor- und nachgelagerte Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ladeinfrastruktur, geschlossen. Vielmehr wird mit jedem Ladevorgang ein separater Vertrag, vergleichbar mit dem Tanken an einer Zapfsäule, geschlossen. Dieser kommt durch die Freischaltung der Ladesäule zustande, wobei der aktuelle, in der App angezeigte Ladestrompreis als vereinbart gilt.
Auch die Versorgung von Elektrofahrzeugen mit Ladestrom ist nach Ansicht des BGH nicht als Letztverbrauch im Sinne des EnWG einzuordnen. Gemäß § 3 Nr. 25 EnWG ist lediglich der Strombezug des Ladepunkts selbst einem Letztverbrauch gleichgestellt. Das nachgelagerte vertragliche Verhältnis zwischen Ladesäulenbetreiber und Nutzer stellt jedoch keinen Energieliefervertrag mit einem Letztverbraucher dar. Demzufolge kann laut BGH nichts anderes für die Ermöglichung des Zugangs von Elektrofahrzeugnutzern zu öffentlich zugänglichen Ladepunkten durch sogenannte Mobilitätsanbieter gelten. Die Vorschrift des § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und Abs. 5 EnWG findet somit für Anbieter von Apps wie „E.ON Drive“, die nur die Anzeige und Freischaltung von Ladepunkten sowie die Abrechnung ermöglicht, keine Anwendung.
Kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB
Darüber hinaus stellte der BGH fest, dass die Ladepreisklausel nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstoße und keine anderweitige unangemessene Benachteiligung enthalte. Nach Ansicht des BGH ist diese Regelung für jeden Durchschnittskunden klar und verständlich und lässt nicht darauf schließen, dass auch ein Anspruch auf Vollladung zu den vertraglichen Leistungen zählt. Zudem wird laut BGH mit der Ladepreisklausel auch nicht der Preis für den Ladevorgang verschleiert. Der Verbraucher werde insofern nicht anders gestellt, als wenn er ohne Nutzung der App eine Ladesäule anfahren und dort den aktuellen Ladepreis erfahren würde.
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Stefanie Kunze
Rechtsanwältin
Stefanie.Kunze@rhenag-legal.de

Julia Nickenig
Rechtsanwältin
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