19.07.2023 | Nicole Hoffmann
Im folgenden Beitrag möchten wir Sie über aktuelle Vorgehen der Verbraucherschützer informieren.
In zwei Gerichtsverfahren hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (VBZ BaWü) vor dem Landgericht Tübingen ihre jeweiligen Unterlassungsbegehren gegenüber Energieversorgern (EVU) weiter verfolgt, die mit einer Preisgarantie geworben hatten, ohne explizit auf den eigenen Kündigungsvorbehalt im Falle gestiegener Beschaffungskosten hinzuweisen. Nach Ansicht der VBZ BaWü ist die von den EVU vorgenommene Werbung mit der jeweiligen Preisgarantie irreführend, da nicht der Nachteil des Kunden in der Blickfangwerbung deutlich gemacht wurde.
Im ersten Verfahren (Az. 20 O 10/20) wurde nur mit Blick in die AGB klar, dass der Energieversorger sich im Preisgarantiezeitraum nach Ablauf der Erstvertragslaufzeit das Recht zur ordentlichen Kündigung aufgrund gestiegener Beschaffungskosten vorbehält. Das Landgericht Tübingen stellt klar, dass eine fehlende Vorbehaltsregelung in einer Blickfangwerbung wettbewerbsrechtlich irreführend ist. Vielmehr ginge der normale Verbraucher davon aus, dass durch die fehlende Klarstellung die beworbene Netto-Preisgarantie für den ausgelobten Preisgarantiezeitraum ohne weitere Einschränkungen gelte. Auch wenn dem EVU grundsätzlich ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht, so entwertet eine Kündigung gestützt auf gestiegene Beschaffungskosten bei gleichzeitigem Angebot eines neuen Vertrages zu erhöhten Preisen die zuvor vertraglich vereinbarte Preisgarantie. Denn diese verspricht dem Verbraucher gerade, dass Verteuerungen der Beschaffungskosten zu seinen Lasten ausgeschlossen sind. Folglich macht die beworbene „Netto-Preisgarantie“ für den Verbraucher keinen Sinn und ist daher wettbewerbsrechtlich irreführend.
Auch im zweiten Verfahren der VBZ BaWü gegen einen anderen Versorger hat das Landgericht Tübingen mit Urteil vom 24. Januar 2023 (Az. 20 O 19/20) dem Unterlassungsbegehren der Verbraucherschützer stattgegeben. Dieser hatte ebenfalls mit einer Preisgarantie geworben, ohne transparent darzustellen, dass das EVU innerhalb des Preisgarantiezeitraums aufgrund gestiegener Beschaffungskosten selbst kündigen kann.
Das Landgericht Tübingen sah es in diesem Verfahren gleichfalls als erwiesen an, dass bei der Darstellung der Preisgarantie der Verbraucher gerade nicht befürchten muss, dass das EVU aufgrund einer Verteuerung der eigenen Kosten eine Kündigung ausspricht.
Festhalten lässt sich, dass in der Werbung keine Preisgarantie für Beschaffungskosten erklärt werden kann, wenn sich das EVU zugleich in den AGB vorbehält, aufgrund einer Steigerung dieses Preisbestandteils den Vertrag kündigen zu können.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat gegen einen Energieversorger aus Hamburg auf Unterlassung geklagt, der gegenüber seinen Kunden die Abschlagszahlungen drastisch erhöht hatte. Als Grund für die Anpassung der Abschlagszahlungen nannte der Versorger in der Mitteilung die Energiekrise und die entsprechend gestiegenen Kosten. Die betroffenen Kunden hatten jedoch Verträge mit einer eingeschränkten Preisgarantie, welche die Beschaffungskosten für 24 Monate umfasste, abgeschlossen und auch der Energieverbrauch dieser Kunden war nicht oder nicht wesentlich gestiegen.
Nach Ansicht der vzbv ist in einem solchen Fall die Erhöhung der Abschlagszahlungen rechtswidrig, da eine Preiserhöhung aufgrund gestiegener Beschaffungskosten aufgrund der vertraglich eingeräumten eingeschränkten Preisgarantie ausgeschlossen war. Dieser Auffassung folgte das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 30. März 2023 (Az. 312 O 61/22). Die einseitige Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen aufgrund gestiegener Beschaffungskosten ist unwahr und damit wettbewerbsrechtlich irreführend. Zu beachten ist, dass das Urteil des Landgericht Hamburg noch nicht rechtskräftig ist.
Seit dem 1. Juli 2022 sind Anbieter verpflichtet, auf Ihrer Webseite, sofern sie online den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen (hierzu zählen auch Energielieferverträge) anbieten, den sog. Kündigungsbutton anzubieten. Mit Hilfe dieses Buttons soll es Verbrauchern erleichtert werden, ihren Vertrag mit einem Klick zu kündigen.
Pünktlich zum Jahrestag des Kündigungsbuttons hat der vzbv das Ergebnis seiner erneuten Untersuchung zur Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen des Kündigungsbuttons veröffentlicht.
Hiernach haben 42 % der knapp 3.000 untersuchten Internetseiten den Kündigungsbutton
- nur eingeschränkt sichtbar auf der Webseite (Ende der Webseite) eingebunden oder
- ausschließlich im Kundenportal oder
- gar keine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen.
Des Weiteren haben die Verbraucherschützer bei ihrer Untersuchung festgestellt, dass einige Anbieter von der gesetzlich vorgeschriebenen Bezifferung des Kündigungsbuttons „Verträge hier kündigen“ bzw. „jetzt kündigen“ derart abweichen, dass nicht klar ist, dass es sich hierbei um den Kündigungsbutton handelt.
Wie wir mit unserem Newsletter 6-2022 berichteten, muss der Kündigungsbutton für Verbrauchern so einfach wie möglich sowie jederzeit erreichbar sein und mit den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Begrifflichkeiten oder mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet sein.
Auch wenn die Verbraucherschützer eine Platzierung am Ende einer Webseite bemängeln, halten wir dies für rechtlich vertretbar, sofern der Kündigungsbutton bei einer solchen Platzierung außerdem jederzeit durch die Suchfunktion gefunden werden kann. Schließlich ist es dem Kunden bei der Nutzung von Webangeboten klar, dass er rechtliche Informationen am Ende einer Webseite findet. Ob dies ein Gericht jedoch auch so beurteilen wird, bleibt abzuwarten. Rechtsprechung zum Kündigungsbutton existiert bislang nicht.
Eine ausschließliche Umsetzung hingegen im Kundenportal und natürlich auch das Fehlen eines Kündigungsbuttons, stellt unseres Erachtens keine gesetzeskonforme Umsetzung des § 312k BGB dar. Der Gesetzgeber hat in seiner Gesetzesbegründung ausdrücklich betont, dass der Kündigungsbutton ohne Hürden für den Verbraucher erreichbar sein muss. Auch die Verwendung von anderen Begrifflichkeiten, die derart abweichen, dass nicht mehr erkennbar ist, dass es sich um den Kündigungsbutton handelt und so Kündigungen der Verbraucher erschwert werden, stellt einen Rechtsverstoß dar.Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat gegen einen Energieversorger aus Hamburg auf Unterlassung geklagt, der gegenüber seinen Kunden die Abschlagszahlungen drastisch erhöht hatte. Als Grund für die Anpassung der Abschlagszahlungen nannte der Versorger in der Mitteilung die Energiekrise und die entsprechend gestiegenen Kosten. Die betroffenen Kunden hatten jedoch Verträge mit einer eingeschränkten Preisgarantie, welche die Beschaffungskosten für 24 Monate umfasste, abgeschlossen und auch der Energieverbrauch dieser Kunden war nicht oder nicht wesentlich gestiegen.
Nach Ansicht der vzbv ist in einem solchen Fall die Erhöhung der Abschlagszahlungen rechtswidrig, da eine Preiserhöhung aufgrund gestiegener Beschaffungskosten aufgrund der vertraglich eingeräumten eingeschränkten Preisgarantie ausgeschlossen war. Dieser Auffassung folgte das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 30. März 2023 (Az. 312 O 61/22). Die einseitige Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen aufgrund gestiegener Beschaffungskosten ist unwahr und damit wettbewerbsrechtlich irreführend. Zu beachten ist, dass das Urteil des Landgericht Hamburg noch nicht rechtskräftig ist.
Auch in diesem Jahr sind die Verbraucherschützer nicht untätig und gehen gegen unlautere Wettbewerber vor. Wir empfehlen Ihnen dringend, sich bei der Gestaltung von Werbung, Auftragsformularen, Preisanpassungsschreiben und Kündigungsbutton stets an die gesetzlichen Vorgaben zu halten.
Nicole Hoffmann
Wirtschaftsjuristin
nicole.hoffmann@rhenag-legal.de