28.10.2024 | Stefanie Kunze, Thomas Gruschka
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat den lange erwarteten Entwurf für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vorgelegt. Die AVBFernwärmeV enthält die wesentlichen Bestimmungen für die Vertragsverhältnisse zwischen Fernwärmeversorgungsunternehmen (FVU) und ihren Kunden. Mit der angestoßenen Novelle sollen sich rechtliche, technische und wirtschaftliche Weiterentwicklungen nun auch im Rechtsrahmen der Fernwärmeversorgung wiederfinden.
Mit unserem heutigen Rundschreiben informieren wir Sie über die wichtigsten Neuerungen.
Zunächst enthält der Referentenentwurf die erfreuliche Klarstellung, dass die Verwendung von Indizes in den Preisanpassungsklauseln auch in Zukunft zulässig sein soll. Bei der Verwendung von Indizes beim Kostenelement müssen diese dabei jedoch die tatsächlich eingesetzten Energieträger und die jeweilige Beschaffungsstruktur des FVU mit angemessener Genauigkeit in den Preisanpassungsklauseln abbilden. Hierbei ist jedoch keine Kostenechtheit erforderlich. Eine Kostenorientierung an tatsächlichen Beschaffungs-, Erzeugungs- und Verteilungsstrukturen wird als ausreichend erachtet.
Weiterhin soll nach § 24 Abs. 1 S. 4 AVBFernwärmeV-E das Marktelement „in der Regel“ durch Bezugnahme auf den Wärmepreisindex (CC13-77) „angemessen“ berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich um ein Regelbeispiel, weshalb andere Indizes ebenfalls weiterhin als Marktelement geeignet sein können.
Zudem soll ein Regelbeispiel einer Preisanpassungsklausel in den Anhang zu § 24 AVBFernwärmeV aufgenommen werden. Dieses Regelbeispiel enthält im Arbeitspreis eine Gewichtung von Markt- und Kostenelement zu jeweils 50 %. Hiermit wird klargestellt, dass eine 50/50- Gewichtung die Anforderungen nach § 24 Absatz 1 Satz 1 an den Arbeitspreis erfüllt. Zugleich sind andere Klauselgestaltungen damit aber nicht ausgeschlossen. Fraglich bleibt jedoch, ob die Rechtsprechung Abweichungen akzeptieren wird, jedenfalls dürfte eine Abweichung mit einem besonderen Begründungsaufwand einhergehen.
Darüber hinaus soll durch Einführung des § 24a AVBFernwärmeV ein einseitiges Recht des FVU zur Änderung der Preisanpassungsklausel im Falle eines Energieträgerwechsels oder einer wesentlichen Änderung der Beschaffungsstruktur verankert werden. Damit dürfte auch bei der Erfüllung gesetzlich vorgegebener Dekarbonisierungsstufen zukünftig ein Anpassungsrecht bestehen. Ob eine Pflicht zur Änderung der Preisanpassungsklausel bei einem Energieträgerwechsel besteht, bleibt jedoch ungeklärt.
Bislang sieht die AVBFernwärmeV in § 32 eine Erstlaufzeit der Wärmelieferverträge von höchstens 10 Jahren und die Möglichkeit der stillschweigenden Vertragsverlängerung von jeweils 5 Jahren vor. Nach dem vorliegenden Änderungsentwurf soll eine Erstlaufzeit von 10 Jahren nur noch bei neu hergestellten Hausanschlüssen oder bei wesentlicher Erhöhung der vereinbarten Fernwärmeleistung möglich sein. In allen anderen Fällen darf die vereinbarte Vertragslaufzeit höchstens 5 Jahre betragen.
Auch in Bezug auf die Vertragsverlängerung wird der Verbraucherschutz stärker berücksichtigt. So sollen stillschweigende Vertragsverlängerungen mit einem Verbraucher zukünftig lediglich um maximal 2 Jahre möglich sein. Außerdem werden FVU verpflichtet, die Verlängerung ein Jahr im Voraus anzukündigen und den Verbraucher auf die Kündigungsmöglichkeit hinzuweisen.
Außerdem soll die Kündigungsfrist von 9 auf 6 Monate reduziert werden und bei einem Auszug eines Mieters 1 Monat statt bisher 2 Monate betragen.
Des Weiteren soll der Kunde zukünftig ein Recht zur Anpassung der Wärmeleistung an seinen tatsächlichen Bedarf bei einer Umstellung auf dekarbonisierte Eigenversorgung erhalten, wenn das FVU die Vorgaben des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) nicht erfüllt und der Kunde nachweist, dass er den Wärmebedarf teilweise durch eine andere Erfüllungsoption nach dem GEG decken kann. Ihm soll sogar ein Kündigungsrecht zugesprochen werden, wenn sein Wärmebedarf vollständig durch eine andere Wärmeversorgung in Erfüllung der Anforderung des GEG gedeckt werden kann.
Zusätzlich soll dem Kunden ein Anpassungsrecht im Fall einer dauerhaften Verbrauchsminderung durch Effizienzmaßnahmen oder Nutzungsänderungen zustehen.
Erfreulich ist aber, dass der Referentenentwurf mit einer zusätzlichen Regelung in § 3 Abs. 5 AVBFernwärmeV einen Investitionsschutz für kleinere Netze gewährleisten möchte. Bei Wärmenetzen mit einer Gesamtnennleistung von unter 20 Megawatt soll das FVU im Falle einer Leistungsreduzierung berechtigt sein, die durch die Reduzierung verursachten Kosten und den nicht abgeschriebenen Teil der Vermögenswerte im Rahmen einer Anpassung des Grundpreises zu berücksichtigen bzw. im Fall einer Vertragskündigung eine angemessene Ausgleichszahlung zu verlangen.
Außerdem soll das FVU neben den bereits bestehenden Veröffentlichungspflichten zukünftig verpflichtet sein, Musterberechnungen zu den Preisänderungsklauseln zu veröffentlichen und ein interaktives Berechnungsinstrument, mit dem Preisanpassungen nachvollzogen werden können, zur Verfügung zu stellen. Hiermit wird wohl ein deutlicher Mehraufwand für die Wärmeversorger entstehen.
Für Ihre Fragestellungen zur Fernwärmeversorgung stehen Ihnen die Juristinnen und Juristen der rhenag legal gerne zur Verfügung.
Stefanie Kunze
Rechtsanwältin
Stefanie.Kunze@rhenag-legal.de
Thomas Gruschka
Rechtsanwalt
Thomas.Gruschka@rhenag-legal.de