13.05.2024 | Ulrich Hornschuh und Stefanie Kunze
Am 26.04.2024 haben der Bundestag und der Bundesrat das „Gesetz zur Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ (sog. „Solarpaket I“) beschlossen. Gemeinsam mit einem noch zu erarbeitenden weiteren Gesetz (sog. „Solarpaket II“), soll hiermit die Photovoltaik-Strategie des BMWK umgesetzt werden. Das Solarpaket I tritt in wesentlichen Teilen am Tag nach der noch ausstehenden Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Mit dem Solarpaket I soll der Ausbau der Photovoltaik erleichtert und beschleunigt werden. Hierzu erfolgen Änderungen für die gesamte Spannbreite der Photovoltaik einschließlich des Leitungsbaus, kleiner Balkonkraftwerke, Mieterstrommodellen oder der Direktvermarktung.
Ursprünglich sollte das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten, also noch im Jahr 2023 verabschiedet werden. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Regierungskoalition, insbesondere über den sogenannten Resilienzbonus, mit dem die heimische Solarindustrie gezielt gefördert werden sollte, kam es zu langen Verzögerungen. Schließlich wurde auf einen Resilienzbonus verzichtet und das Gesetz am selben Tag von Bundestag und Bundesrat verabschiedet.
Der Gesetzgeber hat einige bürokratische Erleichterungen bei der Inbetriebnahme von Steckersolargeräten eingeführt. Um diese Anlagen möglichst unkompliziert in Betrieb nehmen zu können, ist es zukünftig nicht mehr erforderlich, sie vorher beim Netzbetreiber anzumelden. Auch die Anmeldung im Marktstammdatenregister wird auf wenige, einfach einzugebende Daten beschränkt. Zudem sollen Steckersolargeräte auch dann in Betrieb genommen werden können, wenn bei ihrem Betreiber bisher noch kein geeichter Zweirichtungszähler installiert wurde. Bis zum Einbau eines solches Zählers werden übergangsweise auch alte rückwärtsdrehende Zähler geduldet, was für die Praxis eine große Erleichterung bedeuten dürfte.
Das Solarpaket I ermöglicht es jedoch nicht, dass Steckersolargeräte an normalen Steckdosen in Betrieb genommen werden dürfen. Diese sog. „Steckerfrage“ wird derzeit auf Verbandsebene diskutiert und soll in einer technischen Norm geregelt werden.
Zukünftig wird auch für gewerblich genutzte Gebäude und Nebenanlagen, wie Garagen, der Mieterstromzuschlag gezahlt, solange die Stromlieferung ohne Netzdurchleitung erfolgt. Zugleich wird die bisherige maximale Fördergrenze von 100 Megawatt pro Jahr gestrichen und die Möglichkeit geschaffen, Mieterstromverträge mit einer Vertragslaufzeit von mehr als zwei Jahren zu schließen.
Durch eine Vereinfachung der Regelungen zur Anlagenzusammenfassung werden zudem mehrere Dachanlagen, die nicht hinter demselben Netzanschlusspunkt betrieben werden, nicht mehr zu einer Anlage zusammengefasst. Damit soll verhindert werden, dass die installierte Leistung mehrerer Anlagen auf einem Gebäude oder Grundstück dazu führen kann, dass die Leistungsgrenze für die verpflichtende Direktvermarktung oder die Teilnahme an Ausschreibungen überschritten wird. Dies entspricht der gebäude- bzw. grundstückbezogenen Betrachtung des Netzbetreibers, für den ebenfalls die gesamte Leistung „hinter“ dem Netzanschluss entscheidend ist. Damit dürfte der Mieterstrom in Quartieren an Attraktivität gewinnen, sofern die Quartiers-Projekte nicht mit einem Gesamt-Netzanschluss konzipiert werden.
Darüber hinaus führt der Gesetzgeber die sog. „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ ein, womit eine bürokratiearme Versorgung von Strom aus Photovoltaikanlagen (PV-Strom) innerhalb eines Gebäudes von Mietern, Gebäudeeigentümern oder sonstigen Nutzen gemeint ist. Dieses Modell könnte vor allem Chancen im B2B-Bereich bieten. Denn hierbei soll die Weitergabe des PV-Stroms an Mieter oder Wohnungseigentümer die im EnWG vorgesehenen Lieferantenpflichten (z.B. im Rahmen der Rechnungsstellung) und auch Reststrombelieferungspflichten ausgenommen werden, sofern der verbrauchte Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird und in demselben Gebäude oder einer Nebenanlage dieses Gebäudes verbraucht wird. Aufgrund dieser Befreiungen ist allerdings keine zusätzliche Förderung (im Gegensatz zum Mieterstrommodell) der genutzten Strommengen vorgesehen, wobei die Überschusseinspeisung in das Netz wie bisher nach dem EEG vergütet wird.
Außerdem wird mit dem Solarpaket I die neue Vergütungsform der unentgeltlichen Abnahme eingeführt. Anlass ist, dass die bisher geltende Direktvermarktungspflicht für Photovoltaik-Anlagen ab 100 kW(peak) installierte Leistung häufig zu erheblichem finanziellem und organisatorischem Aufwand führte. Um Anlagen vor diesem Hintergrund zukünftig nicht bewusst unterdimensionieren zu müssen, sollen insbesondere Überschussmengen von in erster Linie für einen Vor-Ort-Verbrauch konzipierten Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung bis 200 kW im Rahmen der sog. unentgeltlichen Abnahme nicht direktvermarktet, sondern den Netzbetreibern unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Anlagenbetreiber können also Kosten vermeiden, erhalten mit dieser neuen Vergütungsform aber auch keine Vergütung für die eingespeisten Strommengen.
Bitte beachten Sie zukünftig, dass eine Anlage bis 200 kW(peak) installierte Leistung automatisch der unentgeltlichen Abnahme zugeordnet wird, wenn der Anlagenbetreiber keine Zuordnung zu einer Veräußerungsform vornimmt.
Außerdem gibt der Gesetzgeber mit dem Solarpaket I die Nutzung weiterer Flächen für PV-Freiflächenanlagen frei. Hierbei sollen mehr Gebiete der Landwirtschaft für die Förderung klassischer PV-Freiflächenanlagen geöffnet werden, wobei zugleich Mindestkriterien für PV-Freiflächenanlagen eingeführt werden, um die Naturverträglichkeit des Photovoltaikausbaus zu gewährleisten. So werden beispielsweise der maximale Bedeckungsgrad der Fläche, die Durchgängigkeit für Tierarten oder Vorgaben für Reinigungsmittel geregelt.
Schließlich erfährt mit dem Solarpaket I die in den neuen §§ 11a und 11b EEG enthaltene Pflicht von Grundstückseigentümern zur Duldung von Leitungen zum Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und zur Duldung der Überfahrt während der Errichtung und des Rückbaus von Windenergieanlagen eine Beschränkung dahingehend, dass sie nur für Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand gilt.
Für Ihre Fragestellungen zum Solarpaket I stehen Ihnen die Juristinnen und Juristen der rhenag legal gerne zur Verfügung.
Ulrich Hornschuh
Rechtsanwalt
Ulrich.Hornschuh@rhenag-legal.de
Stefanie Kunze
Rechtsanwältin
Stefanie.Kunze@rhenag-legal.de